Nur keine dicken Backen machen

Die dünnwandigen und leicht verformbaren Werkstücke werden bei Eagle-Burgmann sicher und formstabil gespannt dank Kraftspannfutter von RÖHM.

Nur keine dicken Backen machen

Kräftige und feinfühlige Sechs-Backenfutter von RÖHM spannen dünnwandige Werkstücke für die Bearbeitung zu Gleitringdichtungen sicher und formstabil

(Wolfratshausen/Sontheim) Ohne metallische Gleitring­dichtungen würde unser Leben zusammenbrechen.  Als eine der wichtigsten Bestandteile in Pumpen sorgen sie mit dafür, dass Öl gefördert, Kunststoff hergestellt oder Wasser über große Entfernungen transportiert werden kann. Damit eine Gleitringdichtung lange und zuverlässig funktioniert, muss der Dichtspalt zwischen den sich gegeneinander drehenden Flächen in allen Betriebszu­ständen formstabil sein. Neben der Auswahl geeigneter Werkstoffe bedingt dies eine absolut präzise, maßgenaue Fertigung auf Hochleistungs-Bearbeitungszentren. Dies wiederum ist nur möglich, wenn die dünnwandigen und leicht verformbaren Werkstücke sicher und formstabil gespannt werden können. Eagle-Burgmann, einer der weltweit führenden Hersteller von Gleitringdichtungen sichert sich seinen Vorsprung vor allem bei den Sonderlösungen auch, weil er seit Jahren Backenfutter von RÖHM einsetzt. Die Entwicklung der speziellen Spannfutter mit sechs feinfühligen Backen hat er einst mit angestoßen.

„Das sichere und formstabile Spannen der dünnwandigen Werkstücke ist der zentrale Vorgang bei der Herstellung unserer metallischen Gleitringdichtungen“, betont Kaspar Rammelmaier. „Da wir meist hochwertige Edelstähle zu stark beanspruchten Hightech-Produkten verarbeiten, setzen wir auf absolute Qualität“, so der Abteilungsleiter Dreherei, der bei Eagle-Burgmann für die Sonderlösungen verantwortlich ist. Gleitringdichtungen sind dynamische Dichtungen, die rotierende Teile gegenüber fest stehenden Teilen abdichten. Die Herstellung der Gleitringe erfordert höchstes Fertigungs-Knowhow. Das Spannen der Edelstahl-Rohlinge für die Sonderlösungen mit oftmals großen Durchmessern ist dabei eine besondere Herausforderung. „Die dünnwandigen Werkstücke für die Spezialanforderungen sind meist aus austenitischen Stählen bis hin zu Alloy oder Hastelloy und dürfen sich beim Spannen und Bearbeiten absolut nicht verformen“, stellt Rammelmaier die Herausforderung dar. „Gleichwohl muss eine µ-genaue Fräsbearbeitung möglich sein.“ Seit einigen Jahren übernehmen speziell entwickelte Kraftspannfutter von RÖHM mit hoher Rundlaufgenauigkeit die heikle Aufgabe. Sie spannen mit sechs Backen und maximal 150 kN Spannkraft die dünnwandigen Werkstücke kraftvoll, formschlüssig und ohne Deformierungen. Dabei lassen sich die Spannkräfte sehr fein dosieren. Die Wiederholgenauigkeit ermöglicht reproduzierbare Ergebnisse. Durch das Backen-Schnellwechselsystem sind die Futter schnell umzurüsten und lassen sich flexibel einsetzen.

Das 1884 von Feodor Burgmann gegründete Unternehmen, das heute zur Freudenberg Gruppe gehört, stellt in Wolfratshausen und Eurasburg unter anderem metallische Gleitringdichtungen und gasgeschmierte Dichtungen für verschiedenste Einsatz­zwecke her und zählt dabei zu den drei bedeutendsten Herstel­lern weltweit. Konventionelle und gasgeschmierte Dichtungen werden vor allem in Pumpen, Kompressoren, Rührwerken oder vergleichbaren Anlagen eingesetzt. Neben Serien- und Großserienprodukten stellen die Sonderlösungen einen wichtigen Bereich dar. Insbesondere im Bereich der gasgeschmierten Dichtungen verfügt man über zahlreiche Patente in der Gleitflä­chenbearbeitung und –ausformung. Zum Einsatz kommen die Produkte beispielsweise in den Bereichen Öl & Gas, Raffinerie, Chemie, Energie, Food, Papier, Wasser, Marine, Aerospace oder Bergbau.

Kraftspannfutter sind für die Aufgabe konstruiert worden

Das RÖHM-Spannfutter, von dem Eagle-Burgmann inzwischen sieben Exemplare einsetzt und das auf neuen Maschinen für die Sonderlösungen standardmäßig verwendet wird, musste jedoch speziell entwickelt werden. Früher eingesetzte Planspiralfutter hatten den Nachteil hoher Rüstzeiten. Mit 15 Minuten Wechsel­zeit wollte man sich bei Eagle-Burgmann nicht mehr abfinden. Außerdem war es sehr aufwändig, Fremdkörper wie Späne aus dem Plangewinde zu entfernen. Als Alternative hatte man die Futter eines anderen Herstellers eingesetzt. Dies erwies sich jedoch als zu ungenau. „Außerdem war es nach zwei Jahren Einsatz am Ende. Das konnten wir nicht akzeptieren“, erinnert sich der Experte für die Sonderlösungen.

RÖHM war zwar schon seit 1992 im Haus als Qualitätsanbieter bekannt, hatte jedoch kein passendes Produkt für diese spezielle Spannsituation. Eagle-Burgmann wollte unbedingt ein hydrau­lisches Kraftspannfutter mit sechs Spannbacken, das die Ringe kraftvoll, formschlüssig und dabei mit genau dosierbaren Kräften spannen konnte. RÖHM Fachberater Dieter Baz schildert das ursprüngliche Dilemma: „Das gab es bei uns in der Größe 315 als Standardfutter jedoch nur mit drei Backen. Das kräftige und zuverlässige Keilstangenprinzip war mit sechs Backen in dieser Baugröße nicht zu realisieren.“ Als jedoch Kaspar Rammelmaier in Gesprächen anregte, es doch mit den kleineren Komponenten des 250er Futters zu versuchen, zeichnete sich eine Lösung ab. „Die RÖHM-Konstrukteure zeigten sich sehr offen für unsere Wünsche und Anregungen und waren sofort bereit, eine spezielle Lösung für uns zu entwickeln“, schildert Rammelmaier.

Kunde regt im Dialog technologische Umsetzung an

Wichtig war den Bayern vor allem die Zentralentriegelung der Backen, denn damit sind erst die schnellen Umrüstzeiten möglich. So wurde ein 6-Backen-Futter konstruiert, das auf Basis eines Duro-NC 3-Backen-Kraftspannfutter mit Zentralentriege­lung und Backenschnellwechselsystem in der Größe 315 Millimeter beruhte. Die RÖHM-Konstrukteure ermittelten zunächst mit Hilfe einer speziellen Software die Deformations­kräfte, die auf die dünnwandigen Teile wirken. „Zusammen mit den Rahmenbedingungen kurze Rüstzeiten, hohe Rundlaufge­nauigkeit, große Wiederholgenauigkeit sowie hohe Sicherheit, kam nur ein Kraftspannfutter Duro-NC mit Keilstangenprinzip in Frage“, erinnert sich Xaver Emer, Konstruktionsleiter bei RÖHM im Werk Dillingen. Damit jedoch sechs Backenführungen untergebracht werden konnten, wurden sowohl der Futterkörper als auch der Futterkolben komplett neu konstruiert. Angepasst wurden schließlich auch die Aufsatzbacken, die wie alle Verschleißteile gehärtet und geschliffen sind.

Kunde lobt Backenwechsel, Präzision und Haltbarkeit

Bei Eagle-Burgmann zieht man ein positives Fazit der letzten Jahre:  „Neben der Präzision mit hoher Rundlaufgenauigkeit und großer Wiederholgenauigkeit beeindruckt uns bei den RÖHM-Futtern die schnelle und einfache Umrüstung. In drei Minuten ist das Futter für ein anderes Werkstück umgerüstet.“ Für den schnellen Backenwechsel werden die Backen dazu in die Stellung geöffnet gefahren. Ein Kontrollstift zeigt die Wechselposition an. Über einen Drehbolzen und einen Verstellring wird die zentrale Backenentriegelung betätigt. Sind die Backen entriegelt, sorgt das RÖHM-Sicherheitssystem dafür, dass die Maschinenspindel nicht ungewollt anlaufen kann. Nach dem Wechseln oder Versetzen der Spannbacken werden die Backen mit dem Drehbolzen verriegelt und das Futter ist wieder einsatzbereit. Dabei lassen sich die Spannbacken zweifach verwenden. Darüber hinaus sorge die lange Haltbarkeit für sehr günstige Lebenszykluskosten. Das Futter sei sehr wartungsfreundlich und wenig schmutzanfällig. „Zusammen mit den kostengünstigen Grundbacken und dem großen Spindeldurchlass haben wir eine optimale Spannlösung für die Herstellung unserer metallischen Gleitringdichtungen erhalten“, bekräftigt Rammelmaier abschließend.